Gemeinschaft für studentischen Austausch in Mittel- und Osteuropa (GFPS) e. V.

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Halle geschichtlich, sozialistisch und im Film

Eine Freundin schickte mir eines Tages Informationen zu einem Polnischsprachkurs, der von GFPS durchgeführt wurde. Erst Monate später sah ich diese Blätter genauer durch und entdeckte, dass GFPS für mehr steht als für Sprachkurse. Von der Idee dieses Vereins fasziniert, entschloss ich mich, zu den nächsten Städtetagen nach Halle an der Saale zu fahren. Vorwegnehmen möchte ich, dass sich mein Interesse bestätigt fand.

Die meisten Teilnehmer trafen am Donnerstagabend in der Evangelischen Studierendengeimeinde Halle (ESG), unserer Bleibe für die nächsten drei Tage, ein; Darunter Stipendiaten, Studierende, Campuslose und Interessierte – wie ich erfuhr.

Bald zogen wir gestaffelt in mehreren Gruppen los, um in verschiedenen WGs Suppe, Spätzle, Salate und Dessert zuzubereiten. Zurück in der ESG stellte jede Gruppe ihr Kochergebnis auf den Tisch und wir verzehrten alles genüsslich. Der Abend wurde lang, da nach Kennenlernspielen – „Wer hat die meisten Haustiere? Wer hat kein Handy? …” – geredet und geredet wurde. Am nächsten Morgen führte uns Lilian, eine Mitstudentin von Organisator Martin, durch Halle. Wir erfuhren, dass vor allem fünf Dinge für Halle von Belang sind bzw. waren: das Salzvorkommen, die Universität, das Theater, der begnadete Händel und der berüchtigte Widersacher Luthers – Kardinal Albrecht von Brandenburg.

Unsere Stadtführerin übergab uns an Frederike, die uns die Franckeschen Stiftungen näher brachte. Diese wurden von August Franke, einem evangelischem Pfarrer und Vertreter des Pietismus, für Waisenkinder gegründet. Ebenfalls in den Räumlichkeiten der Franckeschen Stiftungen fand die Übergabe der Stipendiatenurkunden statt. Diesen Part übernahm Organisatorin Anissa und die Nicht-Stipendiaten das Klatschen.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen konnte ein jeder, je nach Lust und Laune, die Stadt selbst erkunden. Beatlesmuseum, Stattgottesacker, Moritzburg, lauschige Cafés … Als wir in der ESG zu Abend gegessen hatten, brachen wir auf zur Studentenwerkstatt Triftpunkt. „Die Halleschen Kometen”, ein wunderschöner Film über Liebe, Freundschaft und die Verantwortung für die eigenen Träume, erwartete uns.

Samstagmorgen stand der „Rote Ochse” auf dem Programm. Er diente schon zur Zeit Preußens als Haftanstalt und ist auch heute noch als Gefängnis in Betrieb. Wegen seiner bewegenden Geschichte während der Zeit des Nationalsozialismus und des SED-Regimes, wurde in einem, vom Gefängnis abgetrennten, Bereich eine Gedenkstätte eingerichtet, die mit einer Dauerausstellung versehen ist. Zu Mittag aßen wir an dem Tag im Café Skyline, von dessen Terrasse wie einen guten Blick über Halle Neustadt hatten. Frederike wies uns, während wir einen Rundgang durch Neustadt unternahmen, auf die Besonderheiten des im Grunde monotonen sozialistischen Baustils hin und erzählte von der Geschichte der Stadt. Halle Neustadt wurde als eine in sich geschlossene Stadt für Arbeiter der Chemiewerke konzipiert. Heute, ein paar Jahrzehnte später, stehen viele der zuvor ausgelasteten Wohnungen leer. So muss die Stadt notgedrungen verkleinert werden.

Wir sind an diesem Tag viel gelaufen, aber trotzdem entschieden sich manche von uns – gestärkt durch Spagetti, Tomatensoße und Wein – zur Studentenwerkstatt Triftpunkt zu laufen, um das Tanzbein zu schwingen. Ein guter Ausklang für diese ereignisreichen Tage!

Am Sonntag war nach einem gemütlichen Frühstück Aufräumen und Abschiedsnehmen angesagt.

An dieser Stelle sei den Organisatoren Anissa und Martin und allen Helfern im Hintergrund im Namen aller Teilnehmer herzlich gedankt!

Bisweilen ist das Besondere an GFPS für mich die Konzentration auf nur vier Länder, die studentische dezentrale Organisation und die Schaffung eines Raumes, in dem sich Menschen aus Polen, Tschechien, Belarus und Deutschland auf so unkomplizierte und offene Weise begegnen können. Ich bin gespannt auf weitere Entdeckungen!

Caroline Schwarz