Gemeinschaft für studentischen Austausch in Mittel- und Osteuropa (GFPS) e. V.

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L'viv? Lwów? L'vov? Lemberg? Multikulturelles Zusammenleben in Galizien im 20. Jahrhundert

Trinationale Geschichtswerkstatt in L'viv vom 7. bis 18. August 2004

L’vivs wechselvolle Stadtgeschichte Am Anfang des 20. Jahrhunderts war das galizische Lemberg eine der bunt gemischtesten Städte in der österreichisch-ungarischen Monarchie. Hier lebten Polen, Ukrainer, Juden, Armenier und weitere Minderheiten meist friedlich zusammen. Nach Ende des 2. Weltkriegs wurde aus dem multikulturellen Lemberg/Lwów ein sowjetisch geprägtes L'vov, aus dem das heutige ukrainische L'viv hervorging. Allein die Bausubstanz erinnert noch an die einstige Pracht und einige Fotografien und Erinnerungen zeugen von der reichen Vergangenheit der Stadt. Auf die Spuren dieser Vergangenheit haben wir uns mit unserer polnisch-ukrainisch-deutschen Geschichtswerkstatt begeben. Nationalitätenfragen sind in ganz Osteuropa nach den beiden Weltkriegen, der anschließenden Flucht und Vertreibung ein heikles Thema. Viele Orte werden von zwei oder mehr ethnischen Gruppen für die eigene Geschichte beansprucht, wobei historische Abläufe oft ungenau und einseitig auf die eigene Gruppe fixiert wiedergegeben werden.

„Philosophie” der Geschichtswerkstatt An unserem Seminar haben 22 polnische, ukrainische und deutsche Studierende verschiedener Fachrichtungen teilgenommen und auch das Organisationsteam setzte sich trinational zusammen. Von Anfang an war klar, dass das Projekt sich nicht wie der übliche Seminarbetrieb an der Uni gestalten sollte. Die Geschichtswerkstatt baute ganz auf die Eigeninitiative der Studierenden. Die Organisatoren steckten lediglich den inhaltlichen Rahmen für das Projekt ab, schlugen mögliche Themen vor und stellten einen Reader zusammen. Den allgemeinen Seminarrahmen füllten die Teilnehmer mit ihren eigenen Workshopideen und -methoden. Neben der Gruppenarbeit haben wir durch Vorträge, Besichtigungen und Gespräche mit Zeitzeugen ein genaueres Bild vom Lemberg vergangener Tage gewonnen. Zentrales Anliegen unseres Seminars war es, am Beispiel Galiziens in trinationalen Gruppen die Ereignisse des 20. Jh. und ihre Auswirkungen zu rekonstruieren und die unterschiedlichen Geschichtsbilder zu vergleichen. Während unserer Workshops und Diskussionen zeigte sich mehrmals, dass diese schon längst vergangenen Ereignisse noch immer für Zündstoff sorgen und bei weitem nicht einheitlich bewertet werden. Diese Erfahrung war für alle Beteiligten sehr lehrreich.

Unsere Geschichtswerkstatt wurde von der Schering Stiftung gefördert.

Uta Volgmann