Gemeinschaft für studentischen Austausch in Mittel- und Osteuropa (GFPS) e. V.

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GFPS-Forum 2003 in Supraśl

15.08.-23.08.2003

Warum findet ein deutsch-polnisch-tschechisches Forum eigentlich im Osten Polens östlich von Białystok, in Supraśl, statt? Das ist die falsche Frage. Warum findet ein Forum zum Thema »Religion im 21. Jahrhundert« in Supraśl statt? So muss die Frage lauten, um eine Antwort zu bekommen. In Supraśl lebten bis zu Beginn des 2. Weltkrieges Katholiken, Protestanten und Orthodoxe. Heute ist die protestantische Kirche katholisch, der Stadtführer erwähnt die Bedeutung der Juden für die Industrie in Supraśl und Supraśl selbst nicht und erst seit den achtziger Jahren leben im orthodoxen Kloster wieder Mönche in langen schwarzen Gewändern und die im 2. Weltkrieg zerstörte orthodoxe Kirche wird wiederaufgebaut. Auch wenn es von außen anders wirkt, noch ist die Kirche nicht fertiggestellt und im Inneren der Kirche blickt man auf roten Backstein, von Ikonen ist noch nichts zu sehen.

  • 01 Workshops

    01 Workshops

  • 07 Workshops

    07 Workshops

  • 10 Kunstworkshop

    10 Kunstworkshop

  • 13 Kunstworkshop

    13 Kunstworkshop

  • 14 Workshop-Zusammenfassung

    14 Workshop-Zusammenfassung

  • Corinna Walz

    Corinna Walz

 

Auch die Ausflüge in die Umgebung führen an Orte, die von der ehemaligen Religionsvielfalt und deren Spuren und Überresten zeugen. In einer Moschee, in orthodoxen Kirchen und an einem katholischen Wallfahrtsort »swięta woda« erklären uns eine energische muslimische Frau (setzt euch ordentlich hin, hört gut zu, hinterher frage ich euch ab), ein fröhlicher Pater und »Praktikant« (daran, dass ich Priester bin, sieht man, dass Gott Humor haben muss) und zwei orthodoxe Priester ihre Religion. Auch die Besichtung einer Synagoge in Tykocin ist Teil des Ausflugsprogramms. Dort gibt Leif, einer der Workshopleiter, Erläuterungen zur Synagoge und dem Judentum selbst. An dieser Stelle muss man kurz erwähnen, dass Leif meist die häufig nicht einfache Aufgabe des Übersetzens auf sich nahm. Nicht einfach, weil viele Aussagen übersetzt werden mussten, die wahrscheinlich allen Forumsteilnehmern fremd waren.

Immerhin ein Ziel unserer beiden Ausflugstage hat eher weniger mit Religion zu tun; der Nationalpark Bialowieza, der letzte Urwald Europas mit großen jahrhundertealten Bäumen und freilebenden Wisenten.

Nun komme ich aber zu dem Teil, mit dem ich wahrscheinlich hätte anfangen sollen: den Workshops.

Jeden Tag stand man wieder vor der Wahl eines Workshops. Sowohl Workshopleiter, Themen und Arbeitsweisen unterschieden sich doch sehr stark von einander. Während man mit Leif im Wald Gedichte auf deutsch, polnisch und tschechisch lesen und auf deutsch darüber sprechen konnte und dabei noch grünen Riesenraupen begegnete, hielt Seemir auf polnisch eine Art Vortrag über den Islam und wiederum andere Teilnehmer malten unter der Anleitung einer Lehrerin der Kunstschule Supraśl, in deren Internat wir übernachteten. Auch wenn die hier genannten Leiter und Themen nicht die einzigen waren, machte es die morgendliche Wahl doch nicht einfacher. Es ist schwierig, hier die Workshops näher darzustellen, da ich ja selbst nicht alle Angebote wahrnehmen konnte. Auch zeigte sich abends, wenn die Ergebnisse der Workshops kurz vorgestellt werden sollten, wie schwer es ist, spannende Diskussionen und deren unterschiedliche Aspekte »kurz« zusammenzufassen und den Nichtteilnehmern näher zu bringen. Hinterher blieb, jedenfalls bei mir, oft der Eindruck, an einem ganz anderen, uninteressanteren Workshop teilgenommen zu haben als in Wirklichkeit, bzw. das Gefühl, dass die anderen Workshops doch spannender als ihre Präsentation vermuten ließ, gewesen sein müssen. Diese Wahrnehmungen wurden dann später im Gespräch mit Teilnehmern anderer Workshops immer wieder bestätigt. Ich möchte damit nicht diejenigen, die die Präsentationen übernommen haben, kritisieren. Ich habe mich immer erfolgreich vor dieser Aufgabe gedrückt. Für mich liegt der Grund der gescheiterten Präsentationen darin, dass das Besondere und Schöne der Gespräche nicht unbedingt greifbare zusammenfassbare Ergebnissen waren, sondern die Randbemerkungen und eine Gesprächsatmosphäre, in der sich jeder beteiligen konnte. Den Teilnehmern des Kunstworkshops fiel die Präsentation ihrer Ergebnisse am leichtesten. Jeden Tag gab es andere neue Bilder zu bewundern.

Auch wenn ich bereits am Freitagmorgen fahren musste und so den letzten Workshoptag und die Abschlussparty nicht mitbekommen habe, war die Woche auf dem Forum eine erlebnisreiche Zeit in einer wunderschönen Gegend mit tiefen Wäldern, großen Wiesen, mäandernden Flüsse und kleinen Dörfern mit Holzhäusern.

Anke Laufer