Gemeinschaft für studentischen Austausch in Mittel- und Osteuropa (GFPS) e. V.

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Bewegendes Kennenlernen in Lublin

Ende Oktober 2005 lud GFPS Polska in die im Osten Polens gelegene Stadt Lublin zu den Städtetagen – und aus allen Richtungen kamen die Stipendiaten, Mitglieder und Freunde der GFPS. Am Donnerstag Mittag trudelten die ersten nach mehr oder weniger langen und anstrengenden Fahrten mit der polnischen Bahn oder sonstigen Reisegefährten in Lublin ein. Überall war ein fröhliches »Czesc« zu hören, als sich alte Bekannte wiedertrafen und neue kennenlernten.

  • Stipendiaten in der Altstadt

    Stipendiaten in der Altstadt

  • Radioninterview mit Marzena

    Radioninterview mit Marzena 21.10.2005

  • Radiointerview mit Ansgar

    Radiointerview mit Ansgar 21.10.2005

  • Überreichung der Urkunden an die Stipendiaten im Rathaus Lublin

    Überreichung der Urkunden an die Stipendiaten im Rathaus Lublin 21.10.2005

  • Die Stipendiaten mit Prof. Stebler

    Die Stipendiaten mit Prof. Stebler 21.10.2005

  • Der Kongreß tanzt

    Der Kongreß tanzt 21.10.2005

 

Fast unheimlich traditionell ging es bei unseren gemeinsamen Essen zu. Das Restaurant in dem wir unsere Mahlzeiten einnahmen wurde liebevoll »kommunistisch« genannt. Schon seit längerer Zeit hatte es sich nicht mehr verändert. Das Interieur stammte aus einer Zeit, die die polnischen Teilnehmer selbst auch nur aus Erzählungen kannten. Die prompten Bedienungen paßten sich wunderbar in diese Kulisse ein. Ein besonderes Überbleibsel von früher war auch der Garderobier im Eingangsbereich. Ein Service, den es heute kaum noch in Restaurants gibt.

Ein »offizielles« Kennenlernen in Form von Integrationsspielen stand am Donnerstag Abend auf dem Programm. Unsere Gedächtnisleistungen wurden gleich doppelt auf die Probe gestellt. Wir mußten uns nicht nur die Namen der anderen merken, sondern gleichzeitig auch eine Bewegung, die diese vollführten. Kasia winkte bei ihrer Vorstellung, Susanne schlug sich an die Stirn und Romek kratzte sich an einem imaginären Bart (was viele zu dem Gedanken leitete, er würde Bartek heißen) - aber wie war der Name der Kollegin, die im Kreis gelaufen ist und was hat Renata noch mal für eine Bewegung gemacht?

[Photo] Altstadt von Lublin
Altstadt von Lublin.

In den folgenden Tagen des Seminars erfuhren wir mehr über Lublin. Der stellvertretende Bürgermeister Janusz Mazurek referierte über die Geschichte Lublins und die momentane Bedeutung der Stadt als Tor in die Ukraine. Lublin wolle die Beziehungen zu dem angrenzendem Nachbarn verbessern: Es gäbe mehrere Projekte, zum Beispiel einen Jugendaustausch mit Lemberg und das Kollegium der polnischen und ukrainischen Universitäten in Lublin. Sein Traum ist es, erzählte er, irgendwann einen Tagesausflug von Lublin nach Lemberg zu unternehmen und abends wieder nach Hause zu kommen. Momentan ist das noch aufgrund der die mehrstündigen Wartezeiten an der Grenze unmöglich.

[Photo] Die GFPS-Stipendiaten
Die GFPS-Stipendiaten.

Im Rathaus von Lublin bekamen die neun Stipendiatinnen und Stipendiaten aus Deutschland, die das Wintersemester 2005/2006 in Polen verbringen, anschließend offiziell und im würdevollem Rahmen ihre Urkunden verliehen. Der stellvertretende Bürgermeister überreichte ihnen die Dokumente und beglückwünschte sie nacheinander. Zudem wurde den Stips eine kleine Geschenktüte der Stadt Lublin überreicht.

Mehrere Stadtführer brachten uns während unseres Treffens die Geschichte und Sehenswürdigkeiten von Lublin näher. Vieles erfuhren wir über das Schicksal der jüdischen Einwohner, die im Zweiten Weltkrieg aus der Stadt deportiert wurden. Früher wohnten mehrere tausend Juden in Lublin, heute sind es nur noch wenige. Interessant und sehenswert ist die Kapelle im Lubliner Schloss. In zeitaufwändiger Restaurationsarbeit wurde die Innendekoration erneuert, so daß das Gebäude nun wieder ähnlich wie im Ursprungszustand erhalten ist. Alle Teilnehmer entdeckten, daß Lublin allemal eine Reise wert ist.

Eine amüsante Interpretation des Themas »Landeskunde« präsentierte uns Professor Dr. Max Stebler, Leiter des germanistischen Instituts an der Katholischen Universität Lublin. Seit über 20 Jahren lebt und arbeitet der Schweizer in Polen. In seinem kurzweiligen Vortrag präsentierte er uns »falsche Sprachfreunde« auf der polnischen Speisekarte. Nicht immer hätte er das bekommen, was er laut Ankündigung erwartet hatte.

Deutschsprachige verstehen unter einem »kotlet« auf jeden Fall etwas anderes als das, was dann in Polen serviert wird. Und das polnische »kompot« stimmt mit der deutschen Nachspeise »Kompott« auch nicht überein. Zum Abschluss präsentierte er uns einige erheiternde Stilblüten, die er auf der Speisekarte eines Lubliner Restaurants gefunden hat - zufälligerweise genau unser »kommunistisches Restaurant«, welches auch wir nur zu gut kannten.

Nicht nur geistig wurden wir in Lublin gefordert, sondern auch körperlich. Zu einer Theater- und Tanz-Werkstatt wurden wir am Samstag Mittag eingeladen. Etwas unsicher, was uns da erwarten würde, teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Die eine Gruppe übte sich im »Dance of War«, was auch als »Capoeira auf Japanisch« bezeichnet wurde, während die anderen Grundtechniken der Theaterimprovisation einstudierten.

Einen sehr angenehmen und vergnüglichen Abschlußabend verbrachten wir gemeinsam in der »Winiarni u Dyszona« in der Lubliner Altstadt. In dieser schönen Umgebung mit sanftem Jazz im Hintergrund blieb viel Raum für gemütliche und informative Gespräche. Besondere Aufmerksamkeit bekamen die instrumentalen Live-Darbietungen von einigen GFPS-Mitgliedern.

Müde vom anstrengenden Programm und den vielen anregenden Gespräche am Wochenende trat jeder spätestens am Sonntag wieder die Heimreise an. An dieser Stelle nochmals einen großen Dank an die Organisatoren der Städtetage in Lublin. Bis zum nächsten Mal, spätestens beim Trinat im nächsten Jahr.

Für GFPS protokollierte die Städtetage:

Andreas Lorek